Souveränität gegen Geld 16.12.2010

Am heutigen Donnerstag beginnt ein EU-Gipfel in Brüssel. Es gibt Streit, aber auch klare Pläne in Berlin und Paris

Von Andreas Wehr

Die Krise hält die EU weiter fest in ihrem Griff. Beim heute beginnenden Ratsgipfel in Brüssel geht es einmal mehr um die Zukunft der Eurozone. Ihre Krisenbilanz ist ernüchternd. Die »Hilfsmaßnahmen« für Griechenland und Irland haben ihre Wirkung verfehlt ...

 

Geniale Täuschung 15.11.2010
Wechselseitige Schuldzuweisungen sind Teil des trickreichen deutsch-französischen
Zusammenspiels: Kanzlerin Angela Merkel und ihr Amtskollege Nicolas Sarkozy – hier nach einem EU-Gipfel in Brüssel am 7. Mai 2010

Analyse. Wie das Finanzkapital regiert. Über die Schlußfolgerungen, die die Europäische Union aus der Krise zieht

Von Andreas Wehr

 

KKE feiert Erfolg bei Kommunalwahlen in Griechenland 08. November 2010

Der Ausgang der Kommunalwahlen in Griechenland zeigt, dass die übergroße Mehrheit der griechischen Bevölkerung kein Vertrauen mehr in die korrupte, herrschende Politik hat. Die sozialdemokratische PASOK bleibt zwar stärkste Partei, erleidet aber massive Stimmenverluste. Gleichzeitig sank auch die Wahlbeteiligung drastisch. Gleichzeitig gibt das Wahlergebnis der Kommunistischen Partei Griechenlands (KKE) Hoffnung. Sie hat ihren landesweiten Stimmenanteil im Vergleich zur Parlamentswahl 2009 und auch zu den lokalen Wahlen 2006 nähmlich deutlich erhöhen und landesweit über 11 Prozent der Stimmen erringen können. ...

 

Streiks und Proteste in EU-Ländern 29.09.2010

Wutlauf gegen das Sparen (Fotostrecke 13 Bilder) Video ] (Spiegelonline)

Brüssel, Dublin, Madrid, Warschau - gleichzeitig sind Arbeitnehmer in vielen EU-Ländern auf die Straße gegangen, um gegen den Sparkurs ihrer Regierungen zu protestieren. Zu einer Demonstration in Belgien kamen Zehntausende, in Spanien gab es Verletzte, Urlauber saßen fest.

Siehe auch:

 

Hunderttausend Gewerkschafter in Brüssel erwartet 28. September 2010

Als Reaktion auf die rigiden Sparpläne der Regierungen quer durch Europa ruft der Europäische Gewerkschaftsbund (EGB) für den 29. September zu einem Aktionstag auf. Alle Mitgliedsorganisationen unterstützen den Aktionstag, an die 80- bis 100.000 Menschen werden bei einer Großdemonstration in den Straßen von Brüssel erwartet, auch in vielen Staaten Europas wird es Protestaktionen geben. ...

 

Vor der Spaltung 08.06.2010

Außerordentlicher Parteitag der griechischen Linksallianz Synaspismos endet mit Auszug der »Erneuerer«

Von Heike Schrader, Athen

... Differenzen zwischen der mit Abstand größten Kraft SYN und den etwa ein Dutzend Partnerorganisationen im Bündnis SYRIZA gibt es vor allem in zwei strategisch wichtigen Punkten. Dies ist zum einen die Haltung zur Europäischen Union. Während die Mehrheit in der SYN für einen Verbleib Griechenlands in Währungsunion und EU eintritt, sprechen sich einige der kleinen Organisationen im SYRIZA vehement für einen Schuldenboykott und den Austritt aus dem »imperialistischen Bündnis« aus. Spätestens seit der Verabschiedung der von EU, IWF und eigener sozialdemokratischer Regierung aufgezwungenen »Sparmaßnahmen« ist die Haltung zur EU jedoch auch innerhalb der SYN umstritten. Eine linke Minderheit um den Parlamentsabgeordneten Panagiotis Lafazanis forderte auf dem Parteitag, das Verhältnis der Partei zu EU und Währungsunion zu überdenken. ...

 

Den Gürtel enger 15.05.2010

Der spanische Ministerpräsident bricht sein Versprechen. Kürzungspaket belastet die Bevölkerung und begünstigt die Besserverdienenden

Von Ingo Niebel
 

EU rettet Banken 12.04.2010
Wo es langgeht, diktieren andere. Der griechische Premier Giorgos Papandreou und
EU-Kommissionschef José Manuel Barroso am 17. März in Brüssel  Foto: dpa

Die Länder der Euro-Zone haben sich am Sonntag in einer Videokonferenz der Finanzminister auf die Modalitäten zur Unterstützung Griechenlands verständigt. Athen könnten im ersten Jahr bis zu 30 Milliarden Euro bereitgestellt werden, erklärte Luxemburgs Regierungschef und Vorsitzender der Eurogruppe, Jean-Claude Juncker, nach der Besprechung. An der Hilfe, die durch Mittel des Internationalen Währungsfonds (IWF) ergänzt werden müßte, würden sich alle 16 Euro-Staaten beteiligen. Griechenland muß dafür deutlich niedrigere Zinsen bezahlen als an den Finanzmärkten. Kommentatoren verglichen die Situa­tion mit der vom Herbst 2008, als die Investmentbank Lehman Brothers ihren Bankrott erklärte. ...

 

Zivil-militärische Abschottungsagentur 22.03.2010

Hintergrund. »Frontex kills!« – »Frontex tötet!« So lautete ein Transparent, das im August letzten Jahres Flüchtlingsaktivisten an die Reling eines auslaufenden Fährschiffs in Griechenland gehängt hatten. Der Ausbau der Festung Europa schreitet voran

Von Ulla Jelpke

Frontex1 – dieser Name steht für »Europäische Grenzschutzagentur für die operative Zusammenarbeit an den Außengrenzen der Mitgliedsstaaten der Europäischen Union«. Sie wurde nach einem Beschluß des Rates der EU vom 26. Oktober 2004 zum 1. Mai 2005 eingerichtet. Im Oktober 2005 hat die Agentur mit Hauptsitz in Warschau, an deren Spitze momentan der finnische Brigadegeneral Ilkka Laitinen als Exekutivdirektor steht, ihre Arbeit aufgenommen. Zur Zeit verfügt Frontex über knapp 220 Mitarbeiter aus den EU-Nationen. Finanziert wird die Agentur aus Zuschüssen der EU und Beiträgen der EU-Staaten. Das Budget stieg von 19 Millionen Euro im Jahr 2006 auf rund 83 Millionen Euro 2009; im laufenden Jahr beträgt es etwa 88 Millionen. ...

 

Diktat des Profits 07.01.2010
Bild 1:Die Dienstleistungsrichtlinie ist ein direkter Angriff auf die Rechte der Beschäftigten (Kundgebung der IG BAU für Mindestlöhne in der Baubranche, Erfurt am 14.3.2008)
Foto: AP Bild 2: Auch Mindestlöhne in der Gebäudereinigung werden den ruinösen Preiswettbewerb nicht verhindern können (Demonstration am Flughafen Düsseldorf, 20.10.2009)
Foto: AP

Hintergrund. Bis Ende 2009 mußten alle EU-Mitgliedsstaaten die Europäische Dienstleistungsrichtlinie in nationales Recht umsetzen – marktradikale Prinzipien erhalten mit ihr Gesetzesrang

Von Christine Wicht

Die umstrittene EU-Dienstleistungsrichtlinie (DLR) mußte bis zum 28. Dezember 2009 in allen EU-Staaten in nationales Recht umgesetzt werden. Deutsche und europäische Gewerkschaften, das globalisierungskritische Netzwerk ATTAC, zahlreiche Berufsgenossenschaften sowie linke Parteien protestierten 2005/2006 massiv gegen die DLR und speziell gegen das sogenannte Herkunftslandprinzip. Demnach sollten Dienstleistungsunternehmen in der EU nur den Bedingungen ihres Heimatlandes unterliegen. ...

 

Machtpolitik aus einem Guß 23.12.2009
Mit dem neu eingerichteten Europäischen Auswärtigen Dienst können Besatzungsregime
je nach Bedarf eingerichtet werden (deutsche Marinetruppen in Dschibuti, 22.12.2008)
Foto: AP

Analyse. Der Lissabon-Vertrag ist durchgedrückt, zwei harmlose Politiker sind in führende Unionsämter gehoben – jetzt können die tonangebenden EU-Staaten mit der Installation eines Europäischen Auswärtigen Dienstes die Militarisierung der Außenpolitik vor

Von Martin Hantke

Mit dem am 1.Dezember in Kraft getretenen Vertrag von Lissabon soll die Europäische Union ein Gesicht in der Welt erhalten. Mit der Ernennung des Belgiers Hermann van Rompuy zum EU-Ratspräsidenten und der Britin Catherine Ashton zur Hohen Vertreterin für die Außen- und Sicherheitspolitik werden beide künftig auf internationalen Gipfeltreffen zusammen mit dem EU-Kommissionspräsidenten José Barroso auftreten. Dazu kommen die Initiativen der halbjährlich wechselnden Ratspräsidentschaft, die ab dem 1. Januar 2010 Spanien innehaben wird. Es gibt also vier Führungsspitzen. Das ist ein Zeichen dafür, daß weder klare Verantwortlichkeiten noch eine demokratische Kontrolle die europäische Außen- und Sicherheitspolitik in Zukunft prägen werden. ...

 

Gewalt in Permanenz 23.10.2009
Bis 2015 sollen afghanische Kräfte in der Lage sein, den Großteil der Kampfhandlungen allein
zu schultern (Angehörige der Afghanischen Nationalarmee bei einer Truppenzeremonie in Kabul, 18.8.2008)

Die EU und die »Afghanisierung« des Krieges

Von Sabine Lösing und Jürgen Wagner

Offensichtlich liebäugelt die SPD nach ihrem Wahldebakel für den nächsten Urnengang mit einem rot-rot-grünen Bündnis, weshalb sie nun der Linkspartei umso deutlicher ins Stammbuch schreibt, sie müsse hierfür jedoch erst »politikfähiger« werden. ...

 

Argumente gegen die Zustimmung zum Vertrag über eine Verfassung für Europa

von Prof. Dr. Jur. K. A. Schachtschneider

Damit sollen nicht nur die nationalen Eigenheiten der einzelnen europäischen Länder negiert, sondern vor allem den im Interesse der Monopolbourgeoisie handelnden Regierungen das einheitliche „Recht“ auf das Eingreifen der europäischen Staatsgewalt mit aller Härte garantiert werden.

Hierbei soll das Volk nicht einmal gefragt werden, ob es eine europaweite Verfassung überhaupt will. ...

Download:  als Word-Datei

 

Aufruf der irischen Friedensbewegung: Stimmt Nein zur EU-Weltmacht! 10. September 2009

"Demokratie" à la EU: Die Bevölkerung hat solange abzustimmen, bis das von den Eliten gewünschte Ergebnis rauskommt. Niemand kennt das besser als die Menschen Irland, die auch über den Nizza-Vertrag zwei Mal abstimmen mussten.

Website: http://www.pana.ie

 

Europas Zukunft 05.09.2009

Gastkommentar: 80 Jahre Briand-Plan

Von Jürgen Klute

 

Schweinsgalopp für EU 18.08.2009
In Sondersitzungen soll der Bundestag das EU-Begleitgesetz zum
Lissabon-Vertrag vor der Bundestagswahl durchwinken  Foto: AP

Von Rüdiger Göbel

Ganz große Koalition im Bundestag: Die Regierungsfraktionen CDU/CSU und SPD sowie FDP und Grüne wollen offensichtlich einen gemeinsamen Entwurf zum sogenannten EU-Begleitgesetz ins Parlament einbringen. Am Montag berieten sie über die vom Bundesverfassungsgericht geforderten Regelungen zum Lissabon-Vertrag der Europäischen Union. ...

 

Separatismus in Europa. Hintergrund 30.07.2009

MOSKAU, 30. Juli (RIA Novosti). Gegenwärtig sind in Europa sowohl Integrations- als auch separatistische Prozesse im Gange. Nach Expertenschätzungen können im 21. Jahrhundert theoretisch mehr als zehn neue Staaten in der Alten Europa entstehen.

Spanien

Das traditionellste Beispiel für europäischen Separatismus ist das Baskenland. ...

 

Machtlose Einrichtung 14.07.2009
Schöne Bescherung – die EU gibt’s auch zum Aufhängen   Foto: AP

Vor 30 Jahren wurde das Europa-Parlament erstmals direkt gewählt. Seitdem sinkt die Wahlbeteiligung. Einfluß haben die Abgeordneten nur wenig

Von Andreas Wehr

Mit Flaggenhissung, ausgeführt von Soldaten eines Eurocorps, und dem Abspielen der Hymne »Ode an die Freude« wurde am Montag in Strasbourg feierlich der ersten Direktwahl des Europäischen Parlaments vor 30 Jahren gedacht. Doch was wurde da gefeiert? Seit 1979 sinkt die Beteiligung an den Wahlen zu diesem Parlament. Bei der im Juni waren es nur noch 42,9 Prozent der Bürger, die von ihrem Stimmrecht Gebrauch machen wollten. ...

Siehe auch: Postenstreit EU-Parlament konstituiert sich und

Urteil Kein Repräsentationsorgan eines souveränen europäischen Volkes

 

Schwankende Brücke 10.06.2009
Unionsstaat mit ungewisser Zukunft (die Staatschefs von Belarus und Rußland, Lukaschenko, r.,
und Medwedew auf dem Gipfel der Eurasischen Wirtschaftsgemeinschaft in Moskau, 4.2.2009)   Foto: AP

Hintergrund. Belarus im Spannungsfeld zwischen Rußland und EU. Zu einigen Aspekten der belorussischen Außenpolitik

Von Willi Gerns

Ende April verkündete Präsident Alexander Lukaschenko vor der Nationalversammlung der Republik Belarus seine diesjährige Botschaft an das belorussische Volk. Darin nahmen Fragen der Außenpolitik und insbesondere das Verhältnis von Belarus zu seinen Nachbarn EU und Rußland breiten Raum ein. Die dazu geäußerten Gedanken sind angesichts gewisser Korrekturen im Verhältnis von EU und Belarus von besonderem Interesse. (...)

Zuckerbrot und Peitsche

Bei der Einbeziehung von Belarus in die »Ostpartnerschaft« der EU spielt über die dargelegten Gründe für das Zugehen Brüssels auf Minsk hinaus auch die im Ergebnis des georgischen Überfalls auf Südossetien erfolgte Anerkennung Süsossetiens und Abchasiens durch Rußland eine Rolle. Mit dem Zuckerbrot engerer Beziehungen zur EU soll Belarus davon abgehalten werden, dem russischen Beispiel zu folgen. Zugleich wird aber auch die Peitsche gezeigt. So drohte der tschechische Außenminister Schwarzenberg damit, daß Belarus im Falle einer Anerkennung der beiden südkaukasischen Republiken ernste Probleme bei der Teilnahme an der »Ostpartnerschaft« bekommen werde, denn Minsk stelle sich damit »außerhalb des europäischen Kontextes«. In ähnlicher Weise äußerte sich auch EU-Kommissarin Benito Ferrero-Waldner. (...)

Ungeachtet aller Versicherungen sowohl der belorussischen wie der russischen Führung über die strategische Partnerschaft zwischen ihren Ländern sind Spannungen zwischen Moskau und Minsk nicht zu übersehen, und die EU versucht, diese zu nutzen. Russische Kommentatoren weisen auf ernste Gefahren hin, die aus der Entfremdung zwischen den Bruderstaaten und einer Annäherung von Belarus an die EU sowohl für Rußland als auch für Belarus erwachsen können. Modest Koljerow und Wladimir Zotow benennen dabei in einem gemeinsamen Beitrag auf der Website regnum.ru an erster Stelle die militärische Sicherheit: »Heute ist die belorussische Luftverteidigung ein alternativloses Element der russischen Luftverteidigung (...) Selbst ein teilweises Ausscheiden von Belarus aus dem militärischen Bündnis mit Rußland machte Rußland schutzlos gegenüber einer militärischen Bedrohung von Westen.« Und das gilt natürlich ebenso für Belarus. ...

 

Linke profitiert nicht 09.06.2009
Zehn Prozent plus x war einst die Parole: Linke-Chef Bisky am Montag in Berlin
Foto: AP

Die Haltung zur EU ist eine Klassenfrage, wird von den progressiven Kräften als solche aber nicht thematisiert. Ablehnung des Lissabon-Vertrages nicht deutlich gemacht

Von Andreas Wehr

Der seit der ersten Direktwahl zum Europäischen Parlament im Jahr 1979 zu beobachtende Rückgang der Wahlbeteiligung hält weiter an. Fast überall sank am Sonntag erneut die Zahl der Wähler. Die Situation ist paradox. Kämpften einstmals die Unterdrückten unter großen Opfern für das Wahlrecht, so werden sie inzwischen händeringend gebeten, doch bitte schön davon Gebrauch zu machen. Viel Geld, davon nicht wenig von der Industrie, wurde für Kampagnen ausgegeben, in denen für das bloße Wählengehen geworben wurde. Das muß mißtrauisch machen. Die europäischen Eliten scheinen inzwischen mehr Angst vor sinkenden Wahlbeteiligungen zu haben als vor so manchem Einzelwahlergebnis. Denn gehen immer weniger zu den Urnen, so könnte ihrem europäischen Integrationswerk allmählich die Legitimation abhanden kommen. (...)

»Die Europawahl ist eine Wahl der Bessergebildeten.« Der Linken fehlten deshalb Stimmen aus dem Bereich der sozial Benachteiligten und schlecht Ausgebildeten. Auch bei früheren Europawahlen galt laut FAZ schon: »Weil Europapolitik vielen weniger Gebildeten undurchsichtig erscheine, profitierten das bürgerliche Lager und die Grünen. Viele Arbeiter gingen gar nicht zur Wahl.« (...)

Die Wahl hat denn vor allem eines gezeigt: Die Haltung zu Europa ist eine Klassenfrage. ...

 

Die EU rückt nach rechts 8. Juni 2009

Die EU rückt nach rechts: Mit 267 Sitzen und damit einem Vorsprung von gut hundert Parlamentssitzen konnten die Konservativen die Europawahl für sich entscheiden. ...

Siehe auch: Presseerklärung der DKP zum Ausgang der EU-Wahlen

 

Im Griff der Lobbyisten 06.06.2009
Die Umarmung der EU-Legislative durch europäische Konzerne ist nahezu
perfekt (Szene einer Demonstration gegen Lobbyisten in der EU, Brüssel, 28.10.2008)

Hintergrund. Der Einfluß von Konzernen und Wirtschaftsverbänden auf die europäische Politik

Von Ruth Firmenich und Lydia Krüger

Etwa zwei Drittel aller Gesetze, die in Deutschland verabschiedet werden, haben ihren Ursprung in Brüssel oder Strasbourg. Über zentrale Fragen der Wirtschafts- und Finanzpolitik wird schon seit Jahren auf europäischer Ebene entschieden, aber auch in der Außenpolitik sowie der Innen- und Rechtspolitik nimmt die Bedeutung europäischer Vorgaben stetig zu.

Welchen Einfluß hat die Wirtschafts- und Finanzlobby auf den europäischen Gesetzgebungsprozeß? ...

 

»Das System ist total gescheitert« 05.06.2009
Dublin, 7. April: Die irische Regierung verkündet Lohnsteuererhöhungen
und Ausgabenkürzungen, um das »Vertrauen« der internationalen Finanzwelt
in das Land wiederherzustellen   Foto: AP

Irland vor den EU-Wahlen und dem zweiten Referendum über den Lissabon-Vertrag. Auszüge aus einer Diskussion mit Roger Cole und Frank Keoghan

Am 26. Mai waren Roger ­Cole, Gründer und Präsident der irischen Friedensinitiative ­PANA (Peace and Neutrality Alliance), sowie der irische Gewerkschafter und Vorstandsmitglied von People’s Movement, Frank Keoghan, in der jW-Ladengalerie in Berlin zu Gast. In einer Diskussion zum sogenannten EU-Reformvertrag und der in Irland für den Herbst vorgesehenen zweiten Abstimmung dazu stellten sie sich den Fragen des Bundestagsabgeordneten Alexander Ulrich (Die Linke) und des jW-Chefredakteurs Arnold Schölzel. Fabio De Masi – Kandidat der Linken zu den EU-Wahlen – übersetzte.

... Frank Keoghan: Als Irland der Euro-Zone beitrat, wurden viele öffentliche Dienste, z.B. im Gesundheitswesen, stark beschnitten, um den Kriterien des EU-Vertrages von Maastricht – nicht mehr als drei Prozent Staatsverschuldung pro Jahr, Verschuldungsgrenze bei maximal 60 Prozent des Bruttoinlandsprodukts – zu genügen. Zum Zeitpunkt unseres Beitritts zum Euro war ein Land wie die Bundesrepublik nach dem Platzen der sogenannten Dotcom-Blase Anfang dieses Jahrzehnts auf sehr niedrige Zinssätze angewiesen, um z.B. die Autoindustrie anzukurbeln. Irland war aber an einem völlig anderen Punkt des Wirtschaftszyklus. Die niedrigen Zinssätze der Europäischen Zentralbank führten bei uns zu einer Aufblähung des Immobiliensektors. Die Löhne stiegen, die Preise stiegen, aber die Zinsen waren niedrig, so daß sehr viele Kredite für den Hausbau aufgenommen wurden. Um so größer sind die Probleme jetzt. 60 Prozent unseres Handels wickeln wir mit Großbritannien und den USA ab. Das britische Pfund und der US-Dollar haben aber jeweils um 30 Prozent gegenüber dem Euro abgewertet, was irische Exportgüter entsprechend verteuert. Nun hat zwar der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier erklärt, Deutschland wolle Irland helfen. Er fügte aber hinzu, Irland müsse »demütig« sein. An solche »Hilfsangebote« wird beim zweiten Referendum erinnert werden.

Unser entscheidendes Argument gegen den Lissabon-Vertrag ist, daß er hemmungs- und grenzenlose Märkte im Sinne des Neoliberalismus festschreiben soll. Das aber ist ein total gescheitertes System. Es soll nun in den Rang einer Verfassung erhoben werden, was wohl auch international als ungewöhnlich bezeichnet werden kann. Hinzu kommen die realen Machtverhältnisse: Länder wie Frankreich oder Deutschland verfügen über das hundertfache an Investitionskapital im Vergleich zu Irland. Das jetzige EU-System ist ein Depressionsprogramm für unser Land. ...

Siehe auch: Irland und EU - Poker vor dem zweiten Referendum

 

Immer im Strom des Neoliberalismus 05.06.2009

Hintergrund. Zur Wirtschafts- und Währungspolitik der SPD im Europäischen Parlament in den Jahren 2004 bis 2009

Von Andreas Wehr

 

KPÖ: Eine fortschrittliche Alternative zur EU ist notwendig 27. Mai 2009
Günther Hopfgartner

Für die Entwicklung einer fortschrittlichen Alternative zur EU als Projekt der Wirtschafts- und Bildungseliten tritt der Spitzenkandidat der KPÖ bei der Europawahl, Günther Hopfgartner, ein: „Dem „Europa der Konzerne“, der Dominanz von Kapital und Reichtum. ...

 

12 Kritikpunkte am Vertrag von Lissabon  (Ökologisch-Demokratische Partei (ödp))

 

Linke auf dem Index 15.05.2009
Baskische Proteste gegen Parteienverbot in Barakaldo 2008: »Demokratie – null«
demnächst im gesamten spanischen Staat?  Foto: AP

EU-Wahl in Spanien: Madrider Regierung beantragt erstmals das Verbot eines gesamtspanischen Bündnisses. Wird »Internationalistische Initiative« illegalisiert?

Von Ingo Niebel

Knapp vier Wochen vor der EU-Wahl soll der Bannstrahl des spanischen Parteiengesetzes die »Internationalistische Initiative – Solidarität der Völker« (II) treffen. Damit wäre erstmals nach der Franco-Diktatur eine spanienweit agierende linke Gruppierung von einem Urnengang ausgeschlossen. Am Mittwoch gaben die Regierung des sozialdemokratischen Premiers José Luis Rodríguez Zapatero (PSOE) und die Generalstaatsanwaltschaft bekannt, daß sie ihren Verbotsantrag vor dem Obersten Gericht stellen werden. Damit wurde am gestrigen Donnerstag (nach jW-Redaktionsschluß) oder Freitag gerechnet. ...

 

Altpapier des Tages: Lissabon-Vertrag 11.05.2009

Reichlich Durcheinander gegründet auf solide Unkenntnis über die EU und speziell den Lissabon-Vertrag förderte eine Umfrage zutage, die von der Linksfraktion im Bundestag bei Emnid in Auftrag gegeben wurde. ...

 

Einend oder trennend? Die EL ist bei den europäischen Kommunisten umstritten 9. Mai 2009

Dokument: Erklärung von 20 europäischen Kommunistischen Parteien zur Europawahl

Der Wahlkampfauftritt der DKP zu den EU-Wahlen am 7. Juni nimmt einen deutlichen Bezug auf die Partei der Europäischen Linken (EL). Eine Betrachtung der fünf geläufigsten Formen der Zusammenarbeit in Europa - darunter die EL, in der die DKP einen Beobachterstatus innehat - ist daher angebracht. ...

 

Ungarische Kommunistische Arbeiterpartei verläßt »Europäische Linke« 28. April 2009

(...) »Wir wollen den Kapitalismus beseitigen, die Europäische Linke will ihn verbessern. Wir stehen auf der Grundlage des Marxismus-Leninismus, der Theorie und Praxis des Klassenkampfes, den Prinzipien des proletarischen Internationalismus. Die Europäische Linke stützt sich leider auf den Reformismus als Grundlage. Die Europäische Linke kämpft nur in Phrasen gegen den Kapitalismus, in der Praxis hilft sie dabei, das 'demokratische' Ansehen der Europäischen Union, des Europäischen Parlaments und des kapitalistischen Systems ganz allgemein zu stärken«, kritisiert die Ungarische Kommunistische Arbeiterpartei.

(...)

Die MKMP habe auch die Position anderer kommunistischer Parteien in ihre Überlegungen einbezogen und sei mit diesen gemeinsam der Meinung, dass die EL in der internationalen linken Bewegung eine »negative Rolle« spiele. Sie wolle mit ihrer Entscheidung, die EL zu verlassen, diese anderen Parteien unterstützen: »Revisionismus und Opportunismus sind heute die größte Bedrohung der kommunistischen Bewegung. Es ist schlecht, dass wir arm sind, und es ist schlecht, dass wir kein Geld haben. Aber wir werden alles verlieren, wenn wir unsere klare ideologische Überzeugung aufgeben, wenn wir den Marxismus-Leninismus aufgeben«.

 

Jagd auf Demonstranten 06.04.2009
Protest am Samstag in Strasbourg – kurz darauf schoß die Polizei mit Tränengas- und Schockgranaten
Foto: po Ming Cheung

Von Frank Brunner / Claudia Wangerin / Sönke Rabisch

Mindestens 16000 Menschen haben am Samstag in Strasbourg und Kehl gegen den NATO-Jubiläumsgipfel demonstriert, davon rund 6000 auf deutscher Seite. Weil die Polizei den Weg über die Europabrücke versperrte, konnten sich die beiden Demonstrationszüge nicht wie geplant auf der französischen Rheinseite vereinigen. ...
 

Saakaschwili lügt 24.03.2009
Michail Saakaschwili: Will zum Krieg gezwungen worden sein

EU-Kommission prüft Ursachen des Georgien-Krieges. Präsident in Tbilissi schwer belastet

Von Knut Mellenthin

Der von der EU eingesetzte Untersuchungskommission, die sich mit den Ursachen des georgisch-russischen Krieges im August 2008 beschäftigt, liegt offenbar Material vor, das den Präsidenten der Kaukasus-Republik, Michail Saakaschwili, schwer belastet. Das berichtet der Spiegel in der am Montag erschienenen Ausgabe. ...

 

Pendeln nach links 02.03.2009
Parteichef Oskar Lafontaine am Samstag in Essen   Foto: AP

Von Dago Langhans, Essen

Mit einem Nein zum Vertrag von Lissabon, der die EU-Mitgliedsstaaten zur Aufrüstung verpflichtet und die derzeit scheiternde kapitalistische Wirtschaftsordnung festschreibt, zieht die Partei Die Linke in den Europawahlkampf. Als Spitzenkandidat wurde auf dem Europaparteitag in Essen der Vorsitzende Lothar Bisky nominiert. Im Programm für die Wahlen am 7. Juni fordert Die Linke einen neuen EU-Reformvertrag, über den die Bürger dann in einer Volksabstimmung entscheiden sollen. Die erklärte Befürworterin des Lissabon-Vertrags, Sylvia-Yvonne Kaufmann, scheiterte mit ihrem Versuch, per Kampfkandidatur auf einen aussichtsreichen Listenplatz und damit erneut auf dem Linke-Ticket ins Strasbourger Parlament zu kommen. Auch »Querdenker« André Brie fiel bei den rund 500 Delegierten durch. Beide waren zuvor auch nicht vom Bundesausschuß nominiert worden. ...

Siehe auch:

»Die Linke«: Halbe Abfuhr für EU-Fans 1. März 2009

»Der Kapitalismus muss überwunden werden« - Diese Forderung hat in der Partei »Die Linke« eine knappe Mehrheit. Mit 203 gegen 201 Stimmen schrieben die Delegierten des »Linke«-Europaparteitages diesen Satz in das Wahlprogramm. ...

 

Transatlantisches Kriegsbündnis 26.02.2009
Gewaltbereites Duo: US-Vizepräsident Joseph Biden mit Kanzlerin Merkel
auf der »45. Münchener Konferenz für Sicherheitspolitik«

Militaristische Zweckallianz: Die Intensivierung der Zusammenarbeit ­zwischen NATO und EU

Von Tobias Pflüger

 

Die Axt ist angelegt 23.02.2009
In Paris posieren Teilnehmer einer EU-Veranstaltung auf einer Europakarte   Foto: AP

Die Krise stellt die Wirtschafts- und Währungsunion und damit die gegenwärtige EU in Frage

Von Andreas Wehr

 

Angriffe des Kapitals kontern 17.02.2009

Mittwoch beginnt 18. Parteitag der KP Griechenlands

Von Heike Schrader, Athen

 ...Ausschlaggebend für das große Interesse ist sicherlich die Diskussion um die zum Parteitag herausgebebenen Schlußfolgerungen des Zentralkomitees der KKE aus dem sozialistischen Aufbau im 20. Jahrhundert, die sich hauptsächlich auf die Analyse der ökonomischen Grundlagen für die zur kapitalistischen Rückwende führenden Entwicklungen in der UdSSR stützen.

Ein weiterer Schwerpunkt wird Kuba betreffen, deren KP mit dem Verantwortlichen für Internationale Beziehungen, Fernando Remirez, vertreten ist. Bereits im letzten Jahr hatte sich die KKE auf nationaler Ebene für griechischen Druck zur Aufhebung der Blockade gegen Kuba und die Freilassung der in den USA gefangengehaltenen fünf Kubaner starkgemacht. Remirez wird während seines Aufenthalts in Griechenland auch mit Staatspräsident Karolos Papoulias, Außenministerin Dora Bakogiannis und führenden Vertretern der anderen griechischen Parteien Gespräche führen. ...

 

Für neuen Sozialvertrag 06.02.2009
Protest gegen die EU-Regelung zu Arbeitszeiten: Am 16. Dezember 2008 mobilisierte der
Europäische Gewerkschaftsbund mehr als 15000 Demonstranten nach Brüssel

Von Daniel Behruzi

Europäische Gewerkschaftsbund (EGB) fordert einen »neuen Sozialvertrag für die Beschäftigten in Europa«. Mit öffentlichen Investitionen im Volumen von zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts der EU-Staaten und dem Ausbau des Sozialstaats soll das Vorgehen gegen die Wirtschaftskrise verstärkt werden. Das geht aus einem jW vorliegenden Positionspapier hervor, das der EGB-Vorstand am Donnerstag in Brüssel diskutiert hat. Zudem soll Mitte Mai zu Großdemonstrationen in mehreren europäischen Städten aufgerufen werden. ...

 

Raus aus der EU! 06.01.2009
Gegen die Profiteure im eigenen Land und in der EU: Italienische und französische
Fischer reißen eine EU-Flagge nieder (Demonstration gegen hohe Benzinkosten in Brüssel, 4.6.2008)

Dokumentiert. Alternativentwurf der Landesmitgliederversammlung der DKP Berlin für ein Programm der DKP zur Europawahl

Am Samstag findet in Berlin die XIV. Internationale Rosa-Luxemburg-Konferenz unter dem Motto »Internationalismus und Gegenmacht heute« statt. Die Podiumsdiskussion der Konferenz beschäftigt sich mit der Rolle der Europäischen Union, in der 2009 ein neues Parlament gewählt wird. Die DKP entscheidet – ebenfalls am Samstag – auf einer Bundeswahlkonferenz über eine Beteiligung an den EU-Parlamentswahlen. Der Landesverband Berlin hat in diesem Zusammenhang einen Alternativentwurf zu dem des Sekretariats des Parteivorstandes vorgelegt.

 

USA angezählt 05.01.2009
Trotz Wirtschaftskrise: Auch mit dem neuen US-Präsidenten Barack Obama
soll »die Rolle Amerikas als Führer der Welt« unumstritten bleiben

Neun Thesen zum Verhältnis von Vereinigten Staaten und EU nach der Wahl von Barack Obama zum US-Präsidenten

Von Johannes M. Becker

Am kommenden Samstag findet die XIV. Internationale Rosa-Luxemburg-Konferenz unter dem Motto »Internationalismus und Gegenmacht heute« statt. Die Podiumsdiskussion »Europäische Union – das nette Imperium von nebenan« komplettiert die größte Theorie- und Strategieveranstaltung der bundesdeutschen Linken. jW beabsichtigt, die Diskussion zu beiden Themengebieten bis zur Konferenz mit Beiträgen auf den Thema-Seiten anzuregen.

 

15000 für soziales Europa 17.12.2008
Dienstag in Strasbourg: Das »Humankapital« wehrt sich   Foto: AP

Von Daniel Behruzi

Mehr als 15000 Beschäftigte aus ganz Europa sind nach Gewerkschaftsangaben am Dienstag am Sitz des EU-Parlaments im französischen Strasbourg für ein soziales Europa auf die Straße gegangen. Aus Deutschland waren nach Angaben des DGB, der gemeinsam mit seinen europäischen Schwesterorganisationen und dem Europäischen Gewerkschaftsbund (EGB) zu der Demonstration aufgerufen hatte, knapp 3000 Menschen angereist. Die Erwartung des EGB von insgesamt 10000 Teilnehmern wurde damit deutlich übertroffen. Im Zentrum der Kritik stand die Änderung der EU-Arbeitszeitrichtlinie, über die das Parlament am heutigen Mittwoch in erster Lesung beraten wird. Demnach sollen wöchentliche Arbeitszeiten von bis zu 65 Stunden für Beschäftigte mit Rufbereitschaft erlaubt sein. ...

 

EU in der Debatte 17.12.2008
EU auf Kriegskurs: Die britische Fregatte »Portland« im Rahmen der Operation
»Atalanta« am 3. Dezember im Suez-Kanal auf dem Weg zur somalischen Küste  Foto: AP

Die XIV. Internationale Rosa-Luxemburg-Konferenz am 10. Januar 2009 beschäftigt sich mit dem europäischen Bündnis

Von Arnold Schölzel

Im Jahr 2009 finden neben zahlreichen Landtags- und den Bundestagswahlen am 7. Juni auch Wahlen zum EU-Parlament statt. Die Linkspartei hat soeben ihre vorläufige Kandidatenliste verabschiedet, in der DKP findet eine Erörterung über die Haltung der Partei zur EU statt. Das Thema wird auch Gegenstand der Podiumsdiskussion auf der von junge Welt veranstalteten Rosa-Luxemburg-Konferenz am 10. Januar 2009 in Berlin sein. (...)

Die nach 1990 nahtlos fortgesetzte Politik der Einkreisung Rußlands durch Westeuropäer und die NATO, ergänzt durch permanente antirussische Kampagnen von Medien und Politik, deutet auf einen der Entstehungsgründe für die EU hin: Revision der Ergebnisse des Zweiten Weltkrieges.

Das prägt auch die bundesdeutsche Politik seit 1949. Anders formuliert: Von EU-Boden geht – wie von deutschem – kein Frieden aus. Derzeit sind von 27 Mitgliedsstaaten nur Zypern und Malta nicht an Kriegseinsätzen beteiligt. Europäische Union heute bedeutet: Abbau von Demokratie, Vernichtung von sozialen Errungenschaften der Arbeiterbewegung, hemmungsloser Antikommunismus. Merkwürdig erscheint, daß deutsche Linke an diesem Gebilde Anziehendes finden. Darüber wird nicht nur am 10. Januar zu diskutieren sein.

 

Apostel einer linken Bürgerrechtspartei 17.12.2008

Von Fabio de Masi

Am 4. November veröffentlichten mehrere Mitglieder des »Forums demokratischer Sozialismus« (FDS) in der Linkspartei einen Aufruf unter dem Titel »Es könnte so vieles besser sein – auch in der EU«. Unterzeichner waren u. a. Katja Kipping und Halina Wawzyniak, beide Stellvertreterinnen der Parteivorsitzenden, Caren Lay, Mitglied des Parteivorstandes, und der FDS-Sprecher Stefan Liebich. Am 19. November folgte eine Stellungnahme der Autorinnen und Autoren zum Entwurf der Linkspartei für ein Europawahlprogramm 2009, das auf einem Parteitag am 28. Februar 2009 in Essen verabschiedet werden soll. Wir dokumentieren dazu leicht gekürzt einen Kommentar von Fabio de Masi, ehemaliger Bundessprecher des Jugendverbandes ’solid und Mitglied des Arbeitskreises Europäische Integration der Linken. Die FDS-Texte sind im Internet zu finden unter: www.forum-ds.de und www.wawzyniak.de. (...)

Aber Lay, Liebich und Wawzyniak unterlaufen auch schwere handwerkliche Fehler. So wollen sie ins Wahlprogramm schreiben: »Auch wenn in Artikel 3 des Lissabon-Vertrages die ›soziale Marktwirtschaft‹ mit Verfassungsrang festgeschrieben wurde, hat dies nicht zu einer anderen Politik geführt – wohl auch deshalb, weil Artikel 119 zuviel Interpretationsspielräume ließ.« Vielleicht sollten wir zukünftig parallel zu Wahlprogrammen juristische Handbücher verteilen. Dann würde auch schnell deutlich, daß Artikel 3 nicht die soziale Marktwirtschaft in Verfassungsrang hebt und Artikel 119 keine Interpretationsspielräume zuläßt. Denn der Vertrag spricht in Artikel 3 von einer im hohen Maße »wettbewerbsfähigen sozialen Marktwirtschaft«. Er regelt in Artikel 119 den absoluten Vorrang des »Grundsatzes einer offenen Marktwirtschaft mit freiem Wettbewerb« und den international unüblichen Vorrang der Preisstabilität vor Wachstum und Beschäftigung.  (...)

Erneut ignorieren sie die Unteilbarkeit politischer und sozialer Freiheiten: So lautet die Schlußbestimmung der Charta in Artikel 52 (2): »Die Ausübung der durch diese Charta anerkannten Rechte, die in den Gemeinschaftsverträgen oder im Vertrag über die Europäische Union begründet sind, erfolgt im Rahmen der darin festgelegten Bedingungen und Grenzen.«

Dies sah auch der Europäische Gerichtshof (EuGH) in seinen Urteilen Viking, Laval und Rüffert so: Streikende finnische und schwedische Gewerkschaften wollten erreichen, daß estnische und lettische Arbeiter in Finnland und Schweden auch finnische und schwedische Löhne erhalten, nicht umgekehrt. Der EuGH wertete das politische Grundrecht des Streiks und die Tarifautonomie als Beeinträchtigung der EG-Binnenmarktfreiheiten. Eine Einschränkung dieser Freiheiten zu Gunsten entsandter Arbeitnehmer/innen sei höchstens durch allgemeinverbindliche Tarifverträge oder gesetzliche Mindestlöhne möglich. Mit anderen Worten: Mindestlöhne sind jetzt Höchstlöhne des Binnenmarktes. ...

 

Auf nach Osten 16.12.2008

Brüssel entwickelt Strategie für postsowjetischen Raum. Per Assoziationsabkommen ran an Rußlands Grenzen

Von Tomasz Konicz, Poznan

Brüssel will sich künftig wesentlich stärker im postsowjetischen Raum engagieren als bisher. Im Rahmen eines »Osteuropäischen Partnerschaftsprogramms« sollen sechs ehemalige Sowjetrepubliken – Ukraine, Georgien, Arme­nien, Aserbaidschan, Moldawien und Belarus – enger »an die Europäische Union herangeführt« werden. Den genannten Staaten werden umfangreiche Assoziationsabkommen angeboten. Eine EU-Vollmitgliedschaft indes schloß Brüssels Kommissionspräsident José Manuel Barroso – vorläufig – aus: »Wir können keine Beitrittsperspektive anbieten«, beteuerte er anläßlich der Ankündigung des Partnerschaftsprogramms Anfang Dezember.

»Enge Beziehungen«

Die Realisierung dieser Oststrategie der EU gilt als einer der Schwerpunkte der kommenden, tschechischen Ratspräsidentschaft, die das Projekt auf einem für Anfang April angesetzten Gipfel in Prag offiziell initiieren will. In einem am 3. Dezember veröffentlichten Kommuniqué umriß die Außenkommissarin Benita Ferrero-Waldner die geopolitische Stoßrichtung des Partnerschaftsprogramms. Demnach habe die »Situation in Osteuropa und im Südkaukasus Auswirkungen auf die Sicherheit und Stabilität der EU«, weswegen eine »aktive und klare Politik« gegenüber dieser Region anzustreben sei. Die Länder dieser Region sollen bei der Ausbildung »enger Beziehungen« unterstützt werden. (...)

Brüssel plant nun, zwischen 2010 und 2013 an die 600 Millionen Euro für das Ost-Projekt aufzuwenden –dies sind immerhin 350 Millionen Euro mehr, als ursprünglich geplant. Im Zentrum der Assoziationsabkommen, die Brüssel jedem der besagten Länder anbieten wird, stehen umfangreiche Vorschläge zur Errichtung von Freihandelszonen. Angestrebt wird eine »allmähliche Integration« der Volkswirtschaften der Partnerländer in die EU-Wirtschaft, einschließlich rechtlich bindender Verpflichtungen zur »Angleichung der Rechtsvorschriften.« Die EU stellt überdies Reiseerleichterungen in Aussicht, wobei sogar eine selektive Öffnung des EU-Arbeitsmarktes diskutiert werden soll. Die Assoziationsabkommen sollen außerdem Maßnahmen zur »Energieversorgungssicherheit« beinhalten. Der Annäherungsprozeß solle aber vor allem mit politischen »Reformbemühungen unserer Partner« einhergehen, stellte Ferrero-Waldner klar.

Die treibenden Kräfte hinter dieser nun forcierten EU-Ostexpansion sind in Warschau, Stockholm, und auch –nicht ganz so exponiert – in Berlin zu finden. Die Idee einer Ostpartnerschaft wurde ursprünglich maßgeblich von der deutschen Regierung entwickelt, sie galt als ein Gegenkonzept zu der von Frankreich und den Mittelmeeranrainerstaaten der EU forcierten »Mittelmeerunion«, die die Stoßrichtung europäischer Expansion hauptsächlich in den Süden lenken wollen. Folglich war Paris auch der wichtigste Gegner des umfangreichen Osteuropäischen Partnerschaftsprogramms – doch bröckelte vor dem Hintergrund des Südossetien-Kriegs der französische Widerstand. (...)

In Brüssel werde kein Geheimnis daraus gemacht, daß die »Ereignisse im Kaukasus und Michail Saakaschwilis Handlungen die EU zu einer beschleunigten Ausarbeitung des Programms bewogen haben«, konstatierte die russische Nachrichtenagentur RIA-Nowosti. Das EU-Ostprogramm könne sogar als ein Ersatz für die zurückgestellte Aufnahme der Ukraine und Georgiens auf die NATO-Beitrittsagenda angesehen werden. Deren Präsidenten Juschtschenko und Saakaschwili müßten ja »irgendwie ermuntert werden«, so RIA-Nowosti.

Begleitet wird diese Wiederbelebung des europäischen »Drangs nach Osten« von einer Annäherung zwischen Berlin und Warschau. ...

 

EU will weniger Schutz 09.12.2008

Demonstration am 16. Dezember in Strasbourg: Gewerkschaften aus ganz Europa fordern Auf- und nicht Abbau von Beschäftigtenrechten

Von Ralf Wurzbacher