Junge Welt

11.11.2008

Streng geheimer Pentagon-Befehl

New York Times: US-Militär hat weltweit Vollmacht zu Einsätzen gegen Al-Qaida

Von Rainer Rupp

Die New York Times hat am Sonntag die Existenz eines streng geheimen Pentagon-Befehls enthüllt, wonach sich das US-Militär von der US-Regierung formell in den Stand versetzt sah, auf der Suche nach »Al-Qaida« überall in der Welt die Grenzen souveräner Staaten zu verletzten und auf deren Territorien tödliche Operationen durchzuführen. Besonders hervorgehoben werden in der Order des ehemaligen Verteidigungsministers Donald Rumsfeld 15 bis 20 Länder der islamischen Welt, für die vor einem US-Angriff jeweils unterschiedlich strenge Genehmigungsverfahren vorgeschrieben waren. So genügte für einen Militärschlag gegen Somalia die Zustimmung des Pentagonchefs, während ein Angriff gegen Pakistan oder Syrien der Genehmigung des Präsidenten bedurfte. Letzteres legt nahe, daß auch das jüngste Verbrechen, nämlich der brutale Überfall einer US-Spezialeinheit auf ein syrisches Dorf, bei dem am 26. Oktober dieses Jahres ein halbes Dutzend unbeteiligte Bewohner ermordet worden waren, zuvor von US-Präsident George Bush persönlich abgesegnet worden war.

Unter Berufung auf einen hochrangigen CIA-Mitarbeiter berichtet das New Yorker Blatt auch von einer bis dahin unbekannten Operation der US-Spezialeinheit Navy Seals im Jahr 2006 gegen einen verdächtigen Häuserkomplex in der Bajaur-Region in Pakistan, in der Kämpfer gegen die US-Besatzung Afghanistans, also »Terroristen«, vermutet wurden. US-Militärs verfolgten die Operation life mit Hilfe einer auf einem fliegenden Kampfroboter des Typs Predator (Raubtier) montierten Videokamera, deren Bilder per Satellitenverbindung in das Büro des »Piloten« im 11 000 Kilometer entfernten »Antiterrorzentrum« im Hauptquartier der CIA in US-Bundesstaat Virginia übertragen wurden. Der gleichen Quelle zufolge sollen US-Spezialeinheiten in jener Zeit noch mindestens ein Dutzend weiterer Überfälle auf eine Reihe von Ländern getätigt haben, wobei jedoch Details nicht genannt wurden.

Dennoch blieben derartige Übergriffe in den ersten Jahren nach Unterzeichnung des Rumsfeld-Befehls eher die Ausnahme. Erst in den letzten Monaten dieses Jahres hat das US-Militär massenhaft Gebrauch davon gemacht und zwar in Form von »Präventivschlägen« gegen angebliche Terrorziele hauptsächlich in Pakistan.

Quelle: http://www.jungewelt.de/2008/11-11/079.php