»Kagame ist verantwortlich für die Tragödie in Ruanda«

Chefanklägerin für Sondertribunale in Den Haag deckte Mörder des Präsidenten. Ein Gespräch mit Robin Philpot

Interview: Cathrin Schütz
Der Kanadier Robin Philpot gilt als einer der bedeutendsten Ruanda-Experten. In deutscher Übersetzung erschien sein Buch »Ça ne s’est pas passé comme ça à Kigali« (frei übersetzt: »So hat sich das nicht zugetragen in Kigali!«) von 2003 unter dem Titel »Ruanda 1994« in elektronischem Format: taylor-report.com/Ruanda_1994/index.php

In dem Rummel um das Buch der Exchefanklägerin der Sondertribunale für Jugoslawien und Ruanda, Carla del Ponte, ging eine Meldung der US-Agentur UPI komplett unter. Die besagte, daß Del Pontes Vorgängerin Louise Arbour die Mörder des ruandischen Präsidenten Juvénal Habyarimana, dessen Flugzeug am 6. April 1994 abgeschossen wurde, gedeckt hat. Hinter dem Anschlag soll der gegenwärtige ruandische Präsident Paul Kagame, der zur Zeit auf Staatsbesuch in Deutschland ist, stehen. Gibt es Beweise?
 

Louise Arbours Team um den Polizisten Michael Hourigan hat selbst bewiesen, daß Kagame und die Rebellenarmee der vorwiegend aus Tutsi bestehenden Ruandischen Patriotischen Front (RPF) das Attentat geplant und durchgeführt haben. Aber anstatt gegen Kagame und die RPF Anklage zu erheben, hat Arbour die Ermittlungen gestoppt. Hourigan wurde angeordnet, seine Dokumente zu verbrennen, und von da an wurde peinlichst darauf geachtet, daß kein RPF-Mitglied verfolgt wird. Arbour soll auf Druck der USA gehandelt haben, die der RPF Rückendeckung gibt. Die USA verhalfen der Organisation aus geostrategischen Gründen zur unangefochtenen Macht. Im Gegenzug hat die RPF den Kongo unter ihre Kontrolle gebracht, wo sich nun US-amerikanische, britische und kanadische Konzerne bereichern. Kagame ist der Liebling George W. Bushs und seines Vorgängers Bill Clinton. Toni Blair fungiert seit Wochen gar als Kagames persönlicher Berater. Und Arbour wurde mit der Ernennung zur Richterin am kanadischen Verfassungsgericht und dann zur UN-Kommissarin für Menschenrechte befördert.

Kagame gilt als Kopf einer auf Aussöhnung gerichteten Regierung, die das vom Völkermord verwüstete Land wieder aufbaue.
 

Er ist ein Kriegsverbecher. Zusammen mit seinen Gönnern in Washington und London ist er verantwortlich für die Tragödie in Ruanda. Der Anschlag auf Habyarimana gilt als Beginn der gemeinhin als »Völkermord« bezeichneten Massaker. Offiziell heißt es bis heute, extremistische Hutu hätten Habyarimana getötet, weil sie seine Verhandlungspolitik mit der Rebellenarmee RPF ablehnten. Hourigans Geschichte wurde im März 2000 erstmals von der National Post in Toronto veröffentlicht. Die Verbreitung dieser spektakulären Nachricht scheiterte am Widerstand der Medien, die sich darin üben, die gängige Darstellung vom Völkermord in Ruanda zu schützen.

Welche Rolle spielte Kagame in der ruandischen Tragödie?
 

Die allgemein akzeptierte Version, ruandische Hutu hätten einen Völkermord an der unschuldigen Tutsi-Minderheit verübt, dient der Verschleierung. Die von Kagame angeführte RPF hat Ruanda von Uganda aus im Oktober 1990 überfallen und die Bevölkerung einem dreieinhalb Jahre dauernden mörderischen Krieg ausgesetzt. Im August 1993 hat die ruandische Regierung um Habyarimana mit der RPF unter Aufsicht der UNO Frieden geschlossen. Während die UNO Truppen zur Überwachung der Implementierung des Abkommens stationierte, verübte die RPF Attentate und ermordete schließlich Habyarimana. Gleichzeitig nahm die RPF in Verletzung des Friedensabkommens ihre kriegerischen Handlungen wieder auf und lehnte alle Angebote zum Waffenstillstand durch Interimsregierung und Armee ab. Dadurch war es den Soldaten unmöglich, die Massaker zu stoppen, die nach dem Präsidentenattentat begannen.

Washington hat erreicht, daß wir nicht genau wissen, was in den folgenden Wochen passierte. Die Version des von der Regierung geplanten Völkermordes an den Tutsi ist keinesfalls haltbar. Für die RPF galt es, den Krieg bis zur militärischen Machtergreifung fortzusetzen. Sie repräsentierte nur einen Teil der Tutsi-Minderheit im Land und wäre auf demokratischem Weg nicht an die Macht kommen. Ermittlungen des französischen Richters Jean-Louis Bruguiere bestätigen, daß Kagame Kopf der politisch-militärischen Gruppe ist, die das Flugzeug abschoß, die Macht ergriff und später den Kongo überfiel.

Quelle: http://www.jungewelt.de/2008/04-24/028.php