07.07.2011 Junge Welt
Pariser Partner: Druck für UN-Resolution
Syrische Exilopposition hat in Frankreich eifrige Unterstützer gefunden. Druck für UN-Resolution
Von Karin Leukefeld
Professor George Jabbour zeigt auf eine
halbseitige Anzeige in der Pariser Tageszeitung Le Monde, die vor ihm in
Damaskus auf dem Tisch liegt. »Solche Leute erweisen der syrischen Opposition
den schlechtesten Dienst«, kritisiert er. »Wer solche Freunde hat, braucht keine
Feinde mehr.« Die Großanzeige lud für den vergangenen Montag abend zu einer
Konferenz im Pariser Kino St. Germain ein, »mit Filmen, Liedern und Vorträgen«
sollte es um »Freiheit für Syrien« gehen. Unter dem Schutz privater
Sicherheitsdienste handelte es sich nach Einschätzung der libanesischen
Tageszeitung As Safir vor allem um ein Treffen von »Freunden Israels«. Die
Anwesenden, darunter auch ein ehemaliger Knesset-Abgeordneter und Berater
Benjamin Netanjahus, hätten eine selektive Wahrnehmung der Menschenrechte im
Mittleren Osten. Weder hätten sie sich gegen den Irak-Krieg noch die Blockade
des Gazastreifens, die Besatzung des Golan oder gegen den israelischen
Siedlungsbau ausgesprochen. Nun aber forderten sie vom UN-Sicherheitsrat eine
Resolution gegen Syrien, mit allen Konsequenzen, kommentiert das Blatt.
Die syrische Exilopposition hat in Frankreich mächtige Freunde gefunden. Neben
Bernard-Henri Lévy, der sich bereits als Präsidentenberater in Sachen »Frieden
und Freiheit für Libyen« in Szene gesetzt hat, sind es der Philosoph André
Glucksmann und der frühere humanitäre Helfer und französische Außenminister
Bernard Kouchner, die nun dem syrischen Volk »Freiheit und Demokratie« bringen
wollen. Lévy, ein millionenschwerer Gelegenheitsphilosoph mit journalistischen
Neigungen, die er als Autor in und Teilhaber von französischen Medien auslebt,
gehört zu der einflußreichen israelfreundlichen Lobby in Frankreich. Er kündigte
an, in dem von ihm herausgegebenen Magazin La Règle du Jeu (Die Spielregel) der
syrischen Opposition mehr Platz einzuräumen und auf der Webseite des Magazins
»Videofilme aus ganz Syrien« zu veröffentlichen. Der UN-Sicherheitsrat müsse das
arabische Land verurteilen, forderte er, das Regime gehöre vor den
Internationalen Strafgerichtshof. Kouchner seinerseits machte in einer
Stellungnahme klar, daß es wichtig sei, den Iran, Syrien und die libanesische
Hisbollah zu schwächen und »die Christen in Syrien zu schützen, weil diese
besonders getötet« würden. Die öffentliche Meinung gegenüber Damaskus müsse sich
ändern, so Kouchner, der ein militärisches Eingreifen in Syrien »derzeit leider«
nicht für möglich hält. Zu den Rednern der Konferenz in Paris gehörte auch der
Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im französischen Parlament, Axel
Poniatowski, der wie alle anderen Teilnehmer eine UN-Sicherheitsratsresolution
gegen Syrien verlangte. Die Arabische Liga forderte er auf, das syrische Regime
zu verurteilen. Der Abgeordnete Laurent Fabius von der Sozialistischen Partei
sagte der Zeitung As Safir, Frankreich werde versuchen, Sanktionen gegen Syrien
auf alle Geschäftsleute auszuweiten, die mit Syrien Handel trieben, egal welcher
Nationalität.
Die syrische Opposition war in Paris vor allem durch Teilnehmer der Anfang Juni
im türkischen Antalya veranstalteten Konferenz vertreten, darunter auch der
Delegierte der in Syrien verbotenen Muslimbruderschaft, Mulham Al-Droubi. Dieser
ist in der Organisation für internationale Beziehungen zuständig. Ende Juni
gehörte er zu einer US-Delegation von Exiloppositionellen, die in Moskau ein
Umdenken der Regierung in Sachen UN-Sicherheitsratsresolution gegen Syrien
verlangte. Deutschland, das im Juli den Vorsitz in dem Gremium ausübt, will
eine solche Resolution forcieren. Die Vetomächte Rußland und China lehnen eine
solche Resolution ab.
Quelle: http://www.jungewelt.de/2011/07-07/076.php?