25.02.2010 / Ausland / Seite 6
 

Die Narrenfreiheit des Lieblings Frankreichs

Senegal leidet unter Armut und Bürgerkrieg, während Präsident Wade auf Bestechung und Monumentalbauten setzt

Stefan Inführ
 
Abdoulaye Wade, der 83jährige Präsident des westafrikanischen Senegals, gefällt sich in der Rolle des erfolgreichen Vermittlers. Schon 2009 rechnete er sich Verhandlungen zwischen den Konfliktparteien Mauretaniens als persönlichen Erfolg an. Nun will er in Niger vermitteln, nachdem dessen Präsident wegen verfassungswidriger Amtsverlängerung letzte Woche vom Militär gestürzt wurde. In Sachen Ausdehnung des Präsidentenamts hat Wade, der seit 2000 amtiert und eine dritte Amtszeit nach 2012 anstrebt, einige Erfahrung. Doch während er sich im Ausland als Vermittler geriert, gäbe es im Senegal genug zu tun.

Der seit fast dreißig Jahren schwelende Konflikt um die südliche Region Casamance ist gerade dabei zu eskalieren. Bei Gefechten zwischen der senegalesischen Armee und der separatistischen »Bewegung demokratischer Kräfte in Casamance« gab es in den vergangenen Wochen wiederholt Todesopfer auf beiden Seiten. Wades Strategie, regionale Clanchefs durch große Geldzahlungen von ihren Unabhängigkeitsbestrebungen abzubringen, kann als gescheitert betrachtet werden.

Das hindert den Präsidenten aber nicht daran, sich in Szene zu setzen. Rechtzeitig zu den Feiern des 50. Jahrestags der Unabhängigkeit Senegals am 4. April wird eines seiner markantesten Projekte fertiggestellt sein. »Die Wiedergeburt Afrikas« ist der Name eines gewaltigen Monuments – mit 50 Metern höher als die Freiheitsstatue –, das derzeit für offiziell umgerechnet 27 Millionen und kolportierte 70 Millionen Euro in der Hauptstadt Dakar errichtet wird. Die Statue soll nun zu einer wichtigen – und rentablen - touristischen Attraktion werden. Praktischerweise fließen 34 Prozent der künftigen Einnahmen direkt auf Wades Privatkonto, wie dieser in einem Interview ankündigte.

Dabei ist »Die Wiedergeburt Afrikas« trotz monatelanger Verzögerungen eines der erfolgreicheren Projekte des Langzeit-Präsidenten. Weder der angekündigte Bau einer neuen Hauptstadt, zweier TGV-Zugstrecken noch einer »Universität der afrikanischen Zukunft« wurden je umgesetzt. Für andere Anlässe scheint Geld vorhanden zu sein. So mußte Wade im Okober letzten Jahres zugeben, einem Vertreter des Internationalen Währungsfonds bei dessen Abreise umgerechnet 133000 Euro übergeben zu haben. Keine Bestechung, lediglich ein »im Senegal übliches Abschiedsgeschenk«, so der Präsident. Der Vorfall hatte im Land für heftige Proteste gesorgt. Das durchschnittliche jährliche Pro-Kopf Einkommen im Senegal liegt deutlich unter 1000 Euro.

Ebenfalls noch vor den Unabhängigkeitsfeiern werden die französischen Militärbasen in Dakar geschlossen. Wade hatte dies zunächst so dargestellt, als würde Paris auf seinen Wunsch hin abziehen, was Frankreichs Verteidigungsminister Hervé Morin umgehend dementierte. Die Schließung der mehrere tausend Soldaten beherbergenden Basis wird von vielen Kommentatoren kritisiert. Durch den Abzug werden weit über hundert Senegalesen ihren Arbeitsplatz verlieren, und das bei einer offiziellen Arbeitslosenquote von 50 Prozent.

Ob durch den Abzug der Franzosen auch deren Einfluß auf das Regime Wades verschwindet, darf bezweifelt werden. Der 83jährige gilt als Liebling Frankreichs. Wade verkaufte die Fischfanglizenzen vor der senegalesischen Küste jahrelang für einen Spottpreis von wenigen Millionen Euro an die EU. Zu spüren bekam dies die zu 70 Prozent vom Fischfang abhängige Bevölkerung, denen französische und spanische Fangflotten die Küsten leerfischten.

Quelle: http://www.jungewelt.de/2010/02-25/040.php