21.08.2008 / Thema / Seite 10
Türöffner in die Gesellschaft
In der rechtsextremen Szene entwickelt sich ein
»Nationaler Feminismus«, der Frauen zum Mitmachen bewegt.
Hauptsächlich aber dienen sie der männlichen Führungsriege dazu,
politisch anzukommen
Carsten Hübner
Die öffentliche Berichterstattung über rechtsextreme Parteien
und Bewegungen erweckt vielfach den Eindruck, es handele sich
dabei um reine Männerdomänen. Das hat mindestens zwei Ursachen:
Zum einen liegt der Fokus der Medien zumeist auf martialischen
Aufmärschen und politisch motivierten Gewalttaten, an denen
tatsächlich ganz überwiegend junge Männer beteiligt sind. Zum
anderen ist es rechten Aktivistinnen in der Vergangenheit nur
äußerst selten gelungen, in einflußreiche Positionen
neofaschistischer Organisationen vorzurücken. In der zweiten und
dritten Reihe blieben sie jedoch für die Öffentlichkeit
weitgehend unkenntlich – und zwar unabhängig davon, wie relevant
ihre politische Arbeit für die jeweiligen Organisationen
tatsächlich ist.
Auch wenn es Frauen in Einzelfällen gelang, Führungsämter zu
übernehmen, wird ihnen in aller Regel deutlich weniger
Aufmerksamkeit zuteil als Männern in vergleichbarer Position.
Sie werden zumeist als Randerscheinungen des Neonazismus
wahrgenommen. Doch der Eindruck täuscht. Denn die
Einstellungsforschung hat wiederholt gezeigt, daß Frauen genauso
rassistisch, antisemitisch und nationalistisch denken wie
Männer, auch wenn sie ihnen, entsprechend ihres
Rollenverständnisses, die Sphäre der öffentlichen Politik und
vor allem der politischen Gewalt weitgehend überlassen. Dazu
kommt, daß sich der Anteil von Frauen in rechtsextremen
Organisationen und Parteien besonders in den vergangenen zehn
Jahren deutlich erhöht hat.
Expertinnen wie die Pädagogin Renate Feldmann gehen davon aus,
daß inzwischen rund ein Drittel der Mitgliedschaft
subkultureller Gruppierungen und »Freier Kameradschaften«
weiblich ist. In rechtsextremen Parteien seien es, je nach
Organisation, immerhin bis zu 20 Prozent. Auch aus Sicht der
Fachjournalistin Andrea Röpke, die derzeit eher einen
Frauenanteil von rund zehn Prozent für realistisch hält, stellen
Frauen »ein stetig steigendes Potential dar. (…) Viele Mädchen
drängt es in die Szene, auf der anderen Seite wollen die NPD und
die Freien Kameradschaften mehr weibliche Anhänger gewinnen«, so
Röpke. Sie weist außerdem darauf hin, daß der NPD-Landesverband
Sachsen-Anhalt mittlerweile angibt, 40 Prozent seiner Mitglieder
seien Frauen.
Doch obwohl sich diese Entwicklung bereits sei längerem
abgezeichnet hat, wurde ihr von Politik und Öffentlichkeit kaum
Beachtung geschenkt. Erst seitdem sich kommunale und
»zivilgesellschaftliche« Strukturen verstärkt mit
Unterwanderungsversuchen rechtsextremer Parteien und
»Kameradschaften« konfrontiert sehen, findet ein, wenn auch
zögerliches Umdenken statt. Denn häufig sind es rechtsextreme
Frauen, die sich in Elterninitiativen und sozialen Projekten
engagieren oder Nachbarschaftsfeste organisieren. Darunter
erfahrene Neonazikader wie Stella Hähnel (geb. Palau) aus Hohen
Neuendorf in Brandenburg, die im dortigen Mütterzentrum über
längere Zeit ehrenamtlich aktiv war, bis sie von einer
Lokalzeitung enttarnt wurde. Ihre Mitstreiterinnen fielen
daraufhin aus allen Wolken. Niemand in der als alternativ
geltenden Einrichtung wäre auch nur auf die Idee gekommen, daß
es sich bei Hähnel um eine führende NPD-Funktionärin handelt.
Deutlich offensiver geht hingegen Judith Rothe aus Sotterhausen
in Sachsen-Anhalt mit ihrer NPD-Mitgliedschaft um. Denn die
couragiert auftretende knapp 30jährige Kommunalabgeordnete kennt
im Ort sowieso jeder. Ihr Engagement gegen die
Abfallgebührensatzung und für ein Müttergehalt brachten der
Lokalpolitikerin bei der letzten Kommunalwahl immerhin 15
Prozent ein. Für sachsen-anhaltinische Verhältnisse ein
Spitzenergebnis. Trotz ihres Bekenntnisses zur NPD, oder
vielleicht gerade deshalb, votierten in der Schule ihrer Söhne
24 Eltern für Rothe, die seither im Elternrat sitzt.
Doch nicht nur im vorpolitischen Raum kommen NPD-Frauen
neuerdings zum Zuge. Mit Carola Holz, ebenfalls aus
Sachsen-Anhalt, und Dörthe Armstroff aus Rheinland-Pfalz verfügt
die Partei aktuell immerhin über zwei weibliche
Landesvorsitzende. Und auch die Landesverbände Hamburg und
Berlin wurden in jüngster Vergangenheit zumindest für eine
gewisse Zeit von Frauen geführt. Gleichzeitig steigt bei
Kommunalwahlen vielerorts die Zahl weiblicher NPD-Kandidaten. So
waren bei den sächsischen Kreistagswahlen in diesem Jahr
immerhin 36 der 224 Bewerber Frauen.
Parteitaktik statt Emanzipation
Während es unter den Fachleuten weitgehende Einigkeit darüber
gibt, daß sich die Präsenz von Frauen in rechtsextremen
Organisationen in den letzten Jahren insgesamt merklich erhöht
hat, gehen die Interpretationen dieser Entwicklung deutlich
auseinander. So zeigt sich Andrea Röpke überzeugt, der
veränderte Umgang mit Frauen in der NPD und der Neonaziszene sei
in erster Linie das Ergebnis einer gezielten Imagestrategie der
(männlichen) Führungsriege. Im Gegensatz dazu geht etwa die
Göttinger Sozialwissenschaftlerin Renate Bitzan davon aus, daß
die allgemeine gesellschaftliche Emanzipation des weiblichen
Geschlechts auch an jenen Frauen nicht spurlos vorbeigegangen
sei, die sich der extremen Rechten zuwenden. Dies müsse
zwangsläufig Auswirkungen auf die Theorie und Praxis des
Geschlechterverhältnisses in der rechten Szene haben.
Vieles spricht dafür, daß beide Faktoren eine Rolle spielen. So
argumentiert Röpke völlig zu Recht, daß rechte Aktivistinnen
eine enorme Hilfe beim Marsch in kommunale Institutionen seien:
»Junge Mädchen und Frauen verkörpern gezielt den Typus ›harmlose
junge Mutter‹, die sich für deutsche Politik engagiert. Ihnen
wird nicht nur die besorgte Erzieherin, sondern auch die
bürgernahe Kämpferin für soziale und regionale Themen verstärkt
abgenommen.« Demnach liegt es auf der Hand, daß die NPD-Führung
beim proklamierten Weg in die Mitte der Gesellschaft auf ein
solches Potential keinesfalls verzichten will und Frauen
zukünftig sicher noch intensiver in ihre taktischen Erwägungen
einbeziehen wird.
Für Röpkes Analyse einer gezielten Instrumentalisierung rechter
Aktivistinnen spricht zudem, daß es weder in der NPD noch in
anderen rechtsextremen Parteien oder der »Kameradschaftsszene«
in jüngster Vergangenheit überhaupt eine inhaltliche Debatte zur
Frauenpolitik gegeben hat, die ein neues Selbstverständnis und
Bewußtsein begründen könnte. Im Gegenteil: Frauenbild und
Machtverhältnisse blieben trotz des gesellschaftlichen Wandels
unangetastet. Weshalb sogar die von großer Geste begleitete
Gründung der NPD-Frauenorganisation »Ring nationaler Frauen«
eher als ein von oben dekretierter Schachzug erscheint, bei dem
es darum geht, der Partei ein attraktives Aushängeschild zu
verpassen und nicht etwa eine eigenständige Organisierung von
Frauen zu ermöglichen.
Auch führende NPD-Kader wie Stella Hähnel scheinen sich dessen
bewußt zu sein und vermeiden deshalb bei ihrem Werben um
innerparteiliche Besserstellung jeden Anklang von
Frauenbewegung. Statt dessen hob Hähnel in der Juli-Ausgabe der
Parteizeitung Deutsche Stimme besonders hervor, daß »Frauen in
der politischen Arbeit einfach gut ankommen bei den Menschen«
und allein mit ihrem Wesen »die Lügenmärchen vom gewalttätigen
Rechten« widerlegen würden. Mit Emanzipation hat das tatsächlich
nichts zu tun.
Trotzdem ist auch der Ansatz von Renate Bitzan durchaus
schlüssig. Denn fraglos wäre selbst ein rein taktisch
motivierter Einsatz von Frauen im Dienste der Imagepflege und
zur kommunalpolitischen Verankerung der NPD zum Scheitern
verurteilt, wenn es nicht Aktivistinnen in und um die Partei
gäbe, die sich solchen Anforderungen gewachsen zeigten und
bereit wären, entsprechende Funktionen zu übernehmen.
Bezeichnenderweise kommen viele dieser Frauen aus Ostdeutschland
und haben nur selten die klassischen NPD-Strukturen durchlaufen,
sondern sind erst mit der Öffnung der Partei zur Neonaziszene
dazu gestoßen. Ob dies allerdings bereits Ausdruck einer sich
nachhaltig verändernden Basis ist, wie Bitzan vermutet, oder
doch bloß Ergebnis einer geschickten Taktik, bleibt jedoch
ebenso abzuwarten wie die Folgen, die sich de facto aus einer
stärkeren Präsenz von Frauen in der rechten Szene ergeben.
»Nationaler Feminismus«
Auch wenn die überwiegende Mehrheit rechtsextremer Aktivistinnen
in gemischtgeschlechtlichen Strukturen organisiert ist, so ist
die Zahl und die Bedeutung rechter Frauengruppen durchaus ein
wichtiger Indikator für das Selbstverständnis von Frauen in
diesem politischen Spektrum. Gegenwärtig dominieren hier die
NPD-Frauenorganisation »Ring nationaler Frauen« (RNF) und die
»Gemeinschaft Deutscher Frauen« (GDF), die beide ein eher
klassisches rechtsextremes Frauenbild vertreten. Im Gegensatz
dazu bricht der »Mädelring Thüringen«, der zur
»Kameradschaftsszene« zu rechnen ist, zumindest mit einem Teil
des gängigen nazistischen Frauenbildes und formuliert als
Leitidee einen »nationalen Feminismus«.
Die GDF entstand im November 2000 und gilt als
Nachfolgeorganisation des aufgelösten »Skingirl Freundeskreis
Deutschland«. Die NPD-nahe Gruppe ist bundesweit aktiv und hat
ihre Postfachadresse in Berlin. Ansprechpartnerin ist die
rechtsextreme Multifunktionärin Stella Hähnel. Bereits das von
der GDF verwendete Symbol, ein sogenanntes Dreischild aus der
germanischen Mythologie, verweist auf den »völkischen« Charakter
der Organisation, die sich die »Rettung der deutschen Mutter und
der deutschen Lebensart« auf die Fahnen geschrieben hat.
»Wir«, so heißt es auf der Internetseite der GDF, »das sind
Mädels, Frauen und Mütter, die aktiv an einer nationalen
Gemeinschaft teilhaben, diese gestalten und erleben«. Erklärtes
Ziel sei die Stärkung der nationalen Bewegung durch
»charakterfeste, selbstbewußte und gebildete Frauen«. Zu diesem
Zweck gliedert die GDF ihre Arbeit sowohl in Regional- als auch
in Arbeitsgruppen für »Brauchtum & Kultur«, »Natur & Heimat«,
»Wanderfreunde« sowie »Mutter & Kind«. Außerdem finden dreimal
im Jahr bundesweite Treffen statt. Die Organisation tritt
regelmäßig bei Veranstaltungen der NPD und der rechtsextremen
Szene auf.
Dennoch begreift sich die GDF nicht vorrangig als politisch:
»Wir beschäftigen uns ebenso mit wichtigen politischen Fragen
wie mit Handarbeiten«, heißt es dementsprechend. Und weiter:
»Wir ermuntern Frauen nicht nur zur politischen Betätigung,
sondern auch dazu, ihrer Bestimmung zu folgen und Mutter zu
werden. Wir behaupten, daß die wenigsten Frauen glücklich werden
können, wenn sie das Mutterglück nicht kennengelernt haben. Erst
durch die Mutterschaft«, so die GDF, »wird eine Frau ihre wahre
Rolle und Stellung im Leben erkennen.« Den Begriff
»Emanzipation« lehnen die Aktivistinnen dementsprechend ab.
Im Gegensatz zur GDF agiert der im September 2006 in
Sotterhausen von 31 Aktivistinnen der NPD und ihres Umfeldes ins
Leben gerufene »Ring nationaler Frauen« (RNF) als klassische
Parteiorganisation. Er will »intern als Sprachrohr der Frauen in
der Partei und Bewegung« dienen und »extern als Anlaufpunkt und
Ansprechpartner für nationale und politisch interessierte
Frauen« fungieren. Außerdem strebt er den Ausbau der »Vernetzung
nationaler Frauen jeden Alters innerhalb und außerhalb der
Partei« an.
Dementsprechend ist, außer für die Übernahme von
Vorstandsfunktionen, die Mitgliedschaft in der NPD keine
zwingende Voraussetzung für eine Mitarbeit. Dennoch: »Das
Parteiprogramm und die Satzung sind verbindliche Grundlagen«, so
das Gründungspapier, das zudem regelt, daß sich der RNF
»ausschließlich über Spenden und Zuschüsse der Mutterpartei NPD«
finanziert. Nach einer Satzungsänderung auf dem Bundesparteitag
im Frühjahr in Bamberg verfügt der RNF zudem über einen
obligatorischen Sitz im NPD-Vorstand.
Bundessprecherin des RNF ist die sächsische
NPD-Landtagsabgeordnete Gitta Schüßler, die sich besonders für
eine stärkere Vertretung von Frauen in Wahlämtern und
Parteifunktionen einsetzt: »Es gibt genug intelligente und gut
ausgebildete Frauen (…), die national denken und sich der Partei
verbunden fühlen. Wie kann es dann sein, daß der Großteil
unserer Mandatsträger Männer sind?«, so Schüßler, als deren
Stellvertreterin Jasmin Langer fungiert, die Lebensgefährtin des
sächsischen NPD-Fraktionsvorsitzenden Holger Apfel. Und auch
Stella Hähnel taucht hier wieder auf, diesmal als
Pressesprecherin. Sie ist, wie ihr Mann, der Liedermacher und
neue NPD-Landeschef von Berlin, Jörg Hähnel, zudem Mitglied im
NPD-Bundesvorstand, wo sie für die Familienpolitik
verantwortlich zeichnet.
Eigenangaben zufolge hat der RNF inzwischen über 150 Mitglieder.
In mehr als der Hälfte aller Bundesländer sollen Regionalgruppen
gebildet worden sein.
Der »Mädelring Thüringen« (MRT) gilt als eine der wenigen reinen
»Mädelkameradschaften« und bezeichnet sich selbst als
»Zusammenschluß aktiver nationaler Sozialistinnen, die den
Befreiungskampf, speziell in Thüringen, unterstützen möchten«.
Als Logo verwendet der MRT eine Kombination von Midgardschlange
und Schwarzer Sonne, was »die reiche Kultur der europäischen
Völker« symbolisieren soll. Die Organisation wird von Marlen
Pucknat und Mareike Bielefeld angeführt und ist seit 2004 vor
allem im Thüringer Raum aktiv.
Für bundesweite Aufmerksamkeit in der rechtsextremen Szene
sorgte der MRT Anfang 2007 mit einem Diskussionsbeitrag auf
seiner Webseite. Denn unter der Überschrift »Nationaler
Feminismus« stellte die Gruppe weite Teile des rechtsextremen
Frauenbildes in Frage. So hieß es in dem Text unter anderem:
»Die Frau von heute ist nicht nur Hüterin der Familie und des
Heims, sondern auch gleichwertige Mitgestalterin des
öffentlichen Lebens, das alle Lebensbereiche und Berufsfelder
gleichermaßen beinhaltet.« Auch könne heute von keiner jungen
Frau mehr verlangt werden, »daß ihre einzige Aufgabe darin
besteht, die Mutterrolle zu übernehmen und sich aus allen
gesellschaftlichen Belangen herauszuhalten«. Was allerdings
nichts daran ändere, daß es »völkische Pflicht« sei, Kinder zu
bekommen. Auch das gängige Rollenverständnis in der Szene wurde
vom MRT in dem Text scharf kritisiert: »Es ist beschämend, wie
sich zum einen die Frau in eine Rolle des Dummchens und der
Bettmaus begibt, und andererseits die Männerwelt dies noch
fördert.« Der Beitrag endete mit der kämpferischen Zeile:
»Deutsche Frauen, wehrt euch gegen das Patriarchat und
politische Unmündigkeit! Nationaler Feminismus voran!«
Abgesehen von einigen empörten Stimmen blieb eine weitergehende
Diskussion des Textes allerdings aus. Und das, obwohl davon
ausgegangen werden muß, daß die dort formulierten Positionen in
weiten Teilen der Lebensrealität und der persönlichen
Lebensführung vieler, zumeist jüngerer Neonaziaktivistinnen
entsprechen.
Die Vorläuferorganisationen
Die organisatorischen Wurzeln der heutigen rechtsextremen
Frauenorganisationen reichen bis in die 1980er Jahre zurück.
Ihre Aktivistinnen können damit nicht nur auf eine fast
dreißigjährige Tradition eigenständiger Organisierungsversuche
zurückblicken, sondern profitieren auch von den Erfahrungen
langjähriger Kader und von stabilen informellen Netzwerken, die
besonders die nicht parteigebundene Szene charakterisieren. So
verfügte bereits die von Michael Kühnen geführte »Aktionsfront
Nationaler Sozialisten/Nationale Aktivisten« (ANS/NA) mit dem
»Mädelbund« über eine Frauenorganisation. Das am 7. Dezember
1983 von Bundesinnenminister Friedrich Zimmermann (CSU)
verhängte Verbot der ANS/NA beeinträchtigte deren Aktivitäten
kaum. Während Kühnen seine Kameraden in der »Freiheitlichen
Deutschen Arbeiterpartei« (FAP) und der klandestinen
»Gesinnungsgemeinschaft der Neuen Front« (GdNF) reorganisierte,
gründete sich am 21. Januar 1984 die »Deutsche Frauen Front«
(DFF), die trotz interner Auseinandersetzungen für Jahre die
größte Frauenorganisation in der Neonaziszene blieb.
Als Teil der GdNF wollte die DFF »deutsch denkende und für das
Deutschtum arbeitende« Frauen vereinen und gab eine Zeitlang die
Mitgliederzeitschrift die DFF informiert heraus, die später in
Die Kampfgefährtin umbenannt wurde. Trotz ihres partiellen
Strebens nach Eigenständigkeit vertrat die DFF weitgehend ein
klassisch nazistisch geprägtes Frauenbild.
Nach Auseinandersetzungen über die Homosexualität Michael
Kühnens verließen ab 1986 etliche Frauen die DFF und schlossen
sich dem Flügel der Kühnen-Gegner an, die sich in der FAP
sammelten. Wenig später bildeten sie die »FAP-Frauenschaft«.
Auch Ursula Müller, die DFF-Gründungsvorsitzende, verließ 1988
die Organisation, nachdem sie ein schwulenfeindliches Manifest
gegen Kühnen unterschrieben hatte. Ihre Nachfolge trat Ursula
Worch an, Exgattin des Multifunktionärs Christian Worch.
Beide Gruppierungen verloren in den Folgejahren an Bedeutung.
Die »FAP-Frauenschaft« wurde im März 1990 offiziell aufgelöst,
1991 stellte auch die DFF ihre Aktivitäten ein. Während die DFF
und die »FAP-Frauenschaft« Ende der achtziger Jahre
organisatorisch mehr und mehr an Einfluß unter rechtsextremen
Frauen verloren, entstand in der subkulturell geprägten »Bonehead«-Szene
zur Jahreswende 1990/91 die »Skingirl Front Deutschland« (SFD).
Nach dem Prinzip »Klasse statt Masse« war die Gruppe nicht
offen, sondern als Kadergemeinschaft organisiert. Wer dazustoßen
wollte, mußte über persönliche Kontakte in die Szene verfügen.
SFD-Gruppen gab es über die Jahre in einer Reihe von Städten,
darunter Freiburg, Hamburg und Berlin. Angesichts der
NPD-Verbotsdebatte löste sich die zwischenzeitlich in »Skingirl
Freundeskreis Deutschland« umbenannte SFD vorsorglich auf. Zu
groß war über die Jahre die Dominanz von Frauen geworden, die
eine Parteikarriere eingeschlagen hatten und nun fürchteten,
ihre Organisation könne ebenfalls vom Verbot betroffen sein.
Darunter so bekannte NPD-Aktivistinnen wie Stella Palau, heute
Hähnel. Doch bei dem bereits im Jahre 2000 initiierten
Nachfolgeprojekt »Gemeinschaft Deutscher Frauen« (GDF) waren die
meisten von ihnen wieder mit von der Partie.
Entwicklungspotential
Es spricht derzeit vieles dafür, daß die Bedeutung von Frauen in
der rechtsextremen Szene auch in Zukunft zunehmen wird. Denn die
bisherigen Erfahrungen haben gezeigt, daß es neben der
Partnerschaft mit rechtsextremen Männern in vielen Fällen die
Zugehörigkeit zu einer Frauenorganisation war, die ein
längerfristiges neonazistisches Engagement von Frauen begünstigt
hat.
Perspektivisch ist deshalb zu befürchten, daß das Zusammenwirken
eigenständiger Organisierungsversuche, einer größeren Präsenz
von Frauen in gemischtgeschlechtlichen Strukturen sowie ihr
gezielter Einsatz als Türöffner in die Gesellschaft, wie er etwa
von der NPD-Führung befördert wird, die Zahl von Frauen im
neonazistischen Spektrum weiter erhöhen könnte.
Mittelfristig würde sich daraus aber nicht nur ein neues
Mitgliederpotential ergeben und würden neue Zugänge des
organisierten Rechtsextremismus in die Gesellschaft eröffnet
werden. Auch eine Stabilisierung des Milieus wäre zu erwarten,
weil männliche Neonazis und Parteiaktivisten weniger gezwungen
wären, sich nach möglichen Partnerinnen auch außerhalb der Szene
umzusehen. In Regionen mit starken ausgeprägten rechtsextremen
Strukturen sowohl im (sub-)kulturellen als auch im politischen
Bereich ist eine solche Entwicklung bereits jetzt auszumachen –
und das nicht nur in Mecklenburg-Vorpommern oder Sachsen.
Weit über das Jugendalter hinaus beginnen sich neonazistische
Lebenswelten zu etablieren, und zwar nicht in Nischen, sondern
in der Mitte vieler Gemeinwesen. Im Ergebnis wachsen immer mehr
Kinder heran, für die es normal ist, daß ihre Eltern und deren
Umfeld nazistisch denken und handeln und daß dies von der Umwelt
zumindest toleriert wird. Mit Organisationen wie der
»Heimattreuen Deutschen Jugend« sind bereits erste Strukturen
geschaffen worden, um Kinder aus solchen Familien systematisch
zu drillen.